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Naturschutzgebiet »Mainzer Sand« (Mombacher Heide)

Naturschutzgebiet

Ein pflanzengeschichtliches Denkmal


Am Ende der letzten Eiszeit, vor etwa 12.000 bis 11.000 Jahren, herrschte in weiten Teilen Mitteleuropas ein Steppenklima, geprägt durch Sommerwärme und Trockenheit. Entsprechend war die Wiederbesiedlung durch solche Pflanzenarten gekennzeichnet, wie wir sie heute noch in den Steppen Südrusslands antreffen. In den folgenden Jahrtausenden veränderte sich das Klima, es wurde feuchter und zumindest sommers kühler. Im so genannten Präboreal und Boreal. vor ca. 9.000 Jahren, breiteten sich Gehölze immer mehr aus, die Steppenpflanzen wurden verdrängt. Im nachfolgenden so genannten Atlantikum (ca. 5000 v. Chr.) wurden schließlich auch die Plateaulagen Rheinhessens waldartig besiedelt.
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Durch Bodenbeschaffenheit und Kleinklima bedingt, konnten sich in Mitteleuropa Teile jener Steppenvegetation nur inselartig erhalten. Unter ihnen nimmt der "Mainzer Sand" aufgrund seiner reichhaltigen Flora einen hervorragenden Rang ein. Er genießt gleichsam als pflanzengeschichtliches Denkmal nicht nur hohen wissenschaftlichen, sondern auch kulturellen Wert.

Klimatische und bodenkundliche Bedingungen


Der „Mainzer Sand“ besteht aus pleistozänen Flugsanden, die sich hier zu einem Dünengelände formiert haben. Dieser Sand ist kalkreich, nährstoffarm und trocknet oberflächlich schnell aus. Mainz liegt in einem der wärmsten (Jahresmittel + 10 °C) und niederschlagärmsten (Jahresmittel 561 mm) Gebiete Deutschlands. In vielen Jahren, so 1953, 1959, 1962, 1973 und 1976 wurden nicht einmal 450 mm erreicht.

Solche Extremjahre prägen die Zusammensetzung einer Flora entscheidend. Extensive Nutzung des kargen Bodens als Viehweide und die spätere Verwendung als militärisches Übungsgelände (Freihaltung eines Schussfeldes) verhinderten eine natürliche Ausbreitung des benachbarten Waldes.

Schutzbemühungen


Bereits in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erkannten Biologen wie Jännicke die vegetationskundlichen Zusammenhänge der Mainzer Flora mit der Südrusslands, indem sie von einer „Steppenrelikt-Flora“ sprachen. Wilhelm von Reichenau schrieb 1900 eine „Flora von Mainz". Per Verordnung vom 17. November 1939 wurde ein 33,8 ha großes Areal unter Schutz gestellt. Mit der „Verordnung über das Naturschutzgebiet Mainzer Sand“ vom 17. Dezember 1971 wurden die Schutzbestimmungen neu gefasst und gegenüber 1939 verschärft.
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Die Pflanzenwelt des Sandes


Noch heute gedeihen hier über 30 Steppenpflanzen (sog. kontinentale Arten). Einige von ihnen haben auf dem „Mainzer Sand" ihr einziges Vorkommen in Deutschland, viele sind in der „Roten Liste der gefährdeten Pflanzen der Bundesrepublik Deutschland“ aufgeführt.
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Neben den charakteristischen Federgräsern (Stipa-Arten), die dem „Mainzer Sand" ein besonderes Gepräge geben, sind auch die Sand-Lotwurz (Onosma arenaria), das Büschel-Gipskraut (Gypsohphila fastigiata), die Sand-Silberscharte (Jurinea cyanoides), die Sand-Radmelde (Bassia laniflora), das Blaugrüne Schillergas (Koeleriaglauca) , benannt nach dem Mainzer Professor Georg Ludwig Koeler (1765-1807), die Purpur-Schwarzwurzel (Scorzonera purpurea) , die Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris) und das Adonisröschen (Adonis vernalis) ausgesprochene Steppenpflanzen. Daneben gedeihen auf dem „Mainzer Sand“ eine Reihe von Pflanzenarten, deren Hauptverbreitungsgebiet in Südeuropa liegt. Zu ihnen zählen das Zwergsonnenröschen (Fumanaprowmbes), das Gewöhnliche Sonnenröschen (Helianthemum nummularium), der Faserschirm (Trinia glauca) und der Hügel-Meier (Asperula cynanchica). Schließlich sei noch die Gruppe der Sandpflanzen genannt, unter denen das Sand-Lieschgras (Phleum rearium), das Silbergras (Corynephorus canescens) und die Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium) erwähnenswert sind.

Zoologische Bedeutung


Die zoologische Bedeutung steht der botanischen keineswegs nach. Zahlreiche trockenheits- und wärmeliebende Insektenarten, namentlich Tagfalter, Grabwespen und Wanzen sind in Deutschland nur vom „Mainzer Sand" bekannt oder hier entdeckt worden. Groß ist die Zahl der Spinnentiere, die hier ihren Lebensraum haben. Die bis unmittelbar ans Naturschutzgebiet heranreichende Bebauung hat den Tierbestand leider erschreckend dezimiert. In den letzten Jahren sind viele Arten ausgestorben.

Schutzwürdigkeit


An einer Schutzwürdigkeit des „Mainzer Sandes" besteht auch heute kein Zweifel. Es sollte unser aller Anliegen sein, das weit über Deutschlands Grenzen bekannte Naturschutzgebiet kommenden Generationen zu erhalten. Dazu sollten die Schutzbestimmungen genau eingehalten werden.
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Die Nutzung als Naherholungsgelände findet ihre Grenzen. wenn Pflanzen und Tieren Schaden zugefügt wird. Alle sehenswerten Pflanzen lassen sich vom offiziellen Rundweg aus betrachten. Freilaufende Hunde schaden nicht nur den Pflanzen, indem sie zur Nährstoffanreicherung beitragen, sondern bedrohen den ohnehin knapp bemessenen Lebensraum bodenbrütender Vögel und Kleinsäugetiere.
Autor: Dr. Ulrich Hecker (ehem. Leiter des Botanischen Gartens der Johannes-Gutenberg-Universität)

Weitere Informationen zur Tier- und Pflanzenwelt des Mainzer Sandes erhalten Sie unter www.mainz.de/... und unter www.mainzer-sand.de.